70.000 Hausbesitzer müssen mit Bio-Klärung nachrüsten

Etwa 70 000 Grundstücksbesitzer in Sachsen-Anhalt müssen in den nächsten Jahren ihre Abwassergruben mit einer biologischen Reinigungsstufe nachrüsten.

Etwa 70 000 Grundstücksbesitzer in Sachsen-Anhalt müssen in den nächsten Jahren ihre Abwassergruben mit einer biologischen Reinigungsstufe nachrüsten. Fachleute plädieren dafür, das finanziell zu unterstützen. Das Umweltministerium prüft zusammen mit der Investitionsbank die Einrichtung eines Förderprogramms.

Magdeburg. Bis 2015 müssen alle Seen, Flüsse und Bäche in der Europäischen Union in einen ” guten Zustand ” versetzt werden. Das schreibt die vor acht Jahren in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie vor.
 Auf der Suche danach, wie das in Deutschland zu erreichen wäre, haben die Wasserexperten jene alten Abwassergruben in den Blick genommen, wie sie noch zahlreich in dünn besiedelten Gegenden existieren. Im Gegensatz zu modernen biologischen Klärwerken reinigen diese sogenannten Mehrkammergruben die Haushaltsabwässer nur grob, indem die größeren Inhaltsstoffe auf den Grund sinken und das belastete Wasser ohne weitere Behandlung über sogenannte Bürgermeisterkanäle in Bäche und Flüsse geleitet wird. Aus Geldmangel oder weil die Grundstücke sehr abgelegen sind, sehen die Abwasserverbände in vielen Fällen keine Chance für deren Anschluss an ein Zentralklärwerk.

Nach Angaben des CDU-Umweltexperten im Landtag, Jürgen Stadelmann, betrifft das in Sachsen-Anhalt auf absehbare Zeit etwa 70 000 Grundstücke. Um die EU-Vorgaben einzuhalten, müssen deren Mehrkammergruben durch neue Kleinkläranlagen ersetzt oder mit einer biologischen Reinigungsstufe nachgerüstet werden.

Stadelmann sieht das Land in Zeitdruck : ” Es ist fast schon fünf nach zwölf “, sagt er. Denn jahrelang sei die dezentrale Abwasserentsorgung im Land stiefmütterlich behandelt worden.

Stattdessen hätten ” viele Planer aus dem Westen kleinen Dörfern Kanäle mit einem Meter Durchmesser aufgeschwatzt, damit sie ordentlich Honorar kassieren konnten “. Seit 2002 öffne sich die Abwasserpolitik des Landes für dezentrale Kleinanlagen. Die Abwasserverbände müssen überarbeitete Konzepte vorlegen, die dezentrale Varianten enthalten. Neben der biologischen Nachrüstung vorhandener Mehrkammergruben ist die Installierung kompletter Neuanlagen für ein oder mehrere Grundstücke im Gespräch.

Nach Auffassung des Umwelt- und Wasserexperten Volker Lüderitz von der Hochschule Magdeburg-Stendal geht diese Entwicklung in Sachsen-Anhalt zu langsam voran. Die Forderung nach wirkungsvollen Abwasseranlagen selbst in dünn besiedelten Gebieten sei richtig, sagt er. Wenn aber der Staat solche Vorgaben mache, müsse er die Privatleute auch dabei unterstützen, die Ziele zu erreichen, sagt Lüderitz. Und : ” Andere Länder wie Sachsen und Thüringen haben Förderprogramme für moderne Kleinkläranlagen aufgelegt. In Sachsen-Anhalt fordern wir das seit 15 Jahren vergeblich. ”

Auch CDU-Mann Stadelmann plädiert für eine Förderung, verweist aber auf die Kosten dafür. Eine Bio-Klärung koste im Durchschnitt etwa 4000 Euro. ” Wenn wir jede Anlage nur mit 1000 Euro fördern wollen, wären das 70 Millionen Euro. Das Geld hat das Land nicht “, sagt Stadelmann. ” Wenn wir jährlich drei bis fünf Millionen Euro für die Förderung dezentraler Kläranlagen bereitstellen könnten, wäre das schon ein Erfolg “, sagt er.

Das Umweltministerium prüft, ob Bauherren mit zinsgünstigen Krediten zu helfen wäre. Ministeriumssprecher Detlef Thiel sagte gestern, dazu gebe es zurzeit Gespräche mit der Investitionsbank des Landes. Den Weg der Sachsen wolle man nicht gehen. ” Von der Förderung dort profitiert nur ein Bruchteil der Bauherren “, sagte Thiel.

von Winfried Borchert

Quelle: Volksstimme.de ; Erscheinungsdatum 07.02.2008 ; Ausgabe: mdx

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